Neue Ländlichkeit: Der Blog zur Initiative

Die Mecklenburger AnStiftung hat eine „ Initiative Neue Ländlichkeit“ als Projekt zu Kultur und Lebensweise auf dem Lande in MV gegründet. Teil dieser Initiative ist dieser Blog. Er dient der Kommunikation untereinander und nach außen.

Was ist neu an der Ländlichkeit? Alte Ländlichkeit war häufig schicksalhaft gegeben: Dorfleben von der Wiege bis zur Bahre, Bindung an Landwirtschaft, geringe Bildungs- und Finanzressourcen. Die neue Ländlichkeit ist dagegen bewusst und frei gewählt, häufig nur für einen Lebensabschnitt. Sie führt Menschen aufs Land, die früher typischerweise in der Stadt gelebt haben: Künstler und Freiberufler, Wissenschaftler und hochspezialisierte Produzenten, Lebenskünstler und Genießer. Das wird weitreichende Folgen für ländliches Leben, die Wirtschaft und das Image ländlicher Räume aber auch politische und mediale Repräsentanz des Landlebens haben.

Das „Institut für Demoskopie Allensbach“ fragt seit über einem halben Jahrhundert, ob die Menschen in der Stadt oder auf dem Land „mehr vom Leben haben“. 1956 hielten 54 Prozent die Stadt für den besseren Ort, 1977 noch 39 Prozent und 2014 nur noch 21 Prozent. 40 Prozent dagegen meinten, auf dem Lande sei man glücklicher. Das Land wurde von allen Befragten – ob in Groß- oder Kleinstädten oder auf dem Lande – bevorzugt.

Politik und Medien in MV schauen immer noch auf die Abwanderung und gehen gerade auf dem Lande von anhaltenden Schrumpfungsprozessen aus – mit allen Folgen für die öffentliche Daseinsvorsorge.

Tatsächlich ist MV nicht nur Abwanderungsland. In dem Vierteljahrhundert seit 1990 hat es nicht nur über 900.000 Fortzüge aus MV gegeben, die Statistik registriert auch circa 750.000 Zuzüge. Die Zugezogenen haben das Land gerettet. Ohne sie hätte das sechstgrößte deutsche Flächenland heute weniger Einwohner als die Stadt Köln.

Überall begegnet man Menschen, deren Sprachfärbung ihre Zuwanderung zum Beispiel aus Berlin oder Sachsen, aus dem Rheinland oder aus Süddeutschland – aber auch aus dem Ausland – verrät.

Häufig sind es Zugewanderte, die das Leben hier besonders zu schätzen wissen und sich hier engagieren. Ihre Motive, Erfahrungen und Erwartungen sind allerdings im öffentlichen Diskurs unterbelichtet, besonders wenn es um ländliches Leben geht.

Dabei sind sie möglicherweise Pioniere einer neuen Ländlichkeit, die in nationalen und internationalen Debatten zunehmend Aufmerksamkeit erfährt. „Landlust“ heißt zum Beispiel das erfolgreichste Magazin in Deutschland mit mehr Auflage als „Spiegel“, „Stern“ oder „Focus“.

Geforscht und geschrieben wird zu ländlichem Leben hauptsächlich von Städterinnen und Städtern. Für die einen ist die Neue Ländlichkeit ein ernsthafter Sehnsuchtsort, verbunden mit der Suche nach dem „guten Leben“, andere vermuten in dem neuen Trend etwas zwischen Kitsch und braunem Bullerbü. Zeit also, dass Menschen sich einmischen, die eine Neue Ländlichkeit selbst leben.

Was ist neu an der Ländlichkeit? Alte Ländlichkeit war häufig schicksalhaft gegeben: Dorfleben von der Wiege bis zur Bahre, Bindung an Landwirtschaft, geringe Bildungs- und Finanzressourcen. Die Neue Ländlichkeit ist dagegen bewusst und frei gewählt, häufig nur für einen Lebensabschnitt. Sie führt Menschen aufs Land, die früher typischerweise in der Stadt gelebt haben: Künstler und Freiberufler, Wissenschaftler und hochspezialisierte Produzenten, Lebenskünstler und Genießer. Das wird weitreichende Folgen für ländliches Leben, die Wirtschaft und das Image ländlicher Räume aber auch politische und mediale Repräsentanz des Landlebens haben. Dabei ist Landleben mehr als das klassische Dorf. In MV könnte man das ganze Land außerhalb von Rostock und Schwerin mehr oder weniger dazu zählen.

Vor diesem Hintergrund startet die Mecklenburger AnStiftung die Initiative Neue Ländlichkeit.

Sie richtet sich an Zugewanderte, die ihren Haupt-, Zweit- oder Ferienwohnsitz im ländlichen MV haben – ob nun seit gestern oder seit 20 Jahren. Sie lädt auch Landeskinder ein, die nach Jahren außerhalb aufs Land zurückgekehrt sind. Und sie ist offen für Menschen, die sich mit dem Gedanken eines Umzugs ins ländliche MV tragen und von den Erfahrungen anderer profitieren möchten. Nicht zuletzt sind Alteingesessene willkommen, die ihre Sicht auf Zuwanderung und neue Ländlichkeit einbringen.

Ziel des Projektes ist es, unsere Erfahrungen als LandbewohnerInnen

  • miteinander auszutauschen
  • für neue Zuwanderer nützlich werden zu lassen
  • für die Entwicklung des Landes – zum Beispiel bei Zuwanderungsstrategien und Planungen für ländliche Räume – fruchtbar zu machen.

Eingeladen sind auch KünstlerInnen mit künstlerischen Beiträgen zur neuen Ländlichkeit.

Das Projekt besteht aus moderierten Gesprächsrunden, die sich je nach Bedarf und Möglichkeiten treffen. Grundlage ist die Bereitschaft der Beteiligten, ihre Beobachtungen und Erfahrungen mitzuteilen, und ihre Neugier auf das, was andere einzubringen haben. Die Runden sind offen für alle Interessierten – unabhängig von Alter, Nationalität, Bildungsabschluss oder sozialem Status.

Der Schatz der Fragen, die zu spannenden Befunden führen können, ist übergroß. Einige seien genannt, aus denen auszuwählen ist:

  • Welche Träume und Befürchtungen hatten wir vor dem Umzug ins ländliche MV und was ist daraus geworden?
  • Was ist der Wert ländlichen Lebens für uns und was ist der Preis, den wir dafür zahlen?
  • Wie gehen wir auf dem Lande mit Wohnen, Erwerb, gesundem Leben, Kindern und Jugend,  Krankheit und Alter um?
  • Welche Rolle spielt Kultur auf dem Lande für uns?
  • Wie unterscheidet sich kulturelles Leben in den Städten und auf dem Land?
  • Wie steht es mit Nachbarschaftserfahrungen im Nahbereich einerseits und andererseits verwandtschaftlichen, freundschaftlichen oder kollegialen Verbindungen regional, bundesweit und darüber hinaus?
  • Welchen Blick haben wir mit unserem ländlichen Leben auf Großstädte und Metropolen entwickelt?
  • Wie erleben wir unsere Ländlichkeit in MV im Einzugsbereich zu Berlin und Hamburg?
  • Was sind nach unseren Erfahrungen die Haltungen zu Fremden auf dem Lande im Allgemeinen und speziell zu solchen mit anderer Muttersprache, Hautfarbe oder Religion?
  • Welche Kompetenzen haben wir mit unserem ländlichen Leben gewonnen?
  • Wie hat sich möglicherweise unser Blick auf Gesellschaft und Politik verändert?
  • Wie bewältigen wir die Herausforderungen des Alltags wie Mobilität, Einkaufen, Dienstleistungen…?
  • Welche Erfahrungen und Beobachtungen haben wir zu bürgerschaftlichem Engagement auf dem Lande?
  • Ist MV ein Land, das „gut tut“ und „Land zum Leben“ bietet? Und wenn ja: in welcher Weise?
  • Wie sehen wir die Identität des Landes und wie stellen wir uns dazu?
  • Was sind die Räume – Dorf, Kleinstadt, Amtsgemeinde, „zentrale Orte“, Hauptstadt, touristische Zentren, Kreise – in denen wir uns bewegen und mit denen wir uns vertraut fühlen?
  • Wie nehmen wir Kirche auf dem Lande war?
  • Was bedeutet hier naturnahes Leben für uns?
  • Wie erleben wir das Tourismusland MV und wie haben sich unsere eigenen touristischen Bedürfnisse mit dem Landleben entwickelt?
  • Wie nehmen wir ländliches Gemeinschaftsleben – Feste, Feuer, Feuerwehr, Vereine, Karneval … – wahr und wie beteiligen wir uns daran?
  • Wie sehen wir mit unseren eigenen Erfahrungen das Bild vom Landleben, das Medien, Politik, Literatur, Wissenschaft zeichnen?
  • Wie sehr wird unser Leben auf dem Land durch Landwirtschaft beeinflusst?
  • Worin unterscheiden sich Ländlichkeitserfahrungen hier von denen anderswo?

 

Die Mecklenburger Anstiftung sieht solche Fragen als Impuls für ein Gesprächsnetzwerk, das von der Lust der Beteiligten am Austausch in angenehmer Atmosphäre lebt und dessen Mitglieder sich je nach Zeit und Interesse beteiligen. Irgendwelche Verpflichtungen oder Bekenntnisse sind mit der Teilnahme nicht verbunden. Die eigenen Kosten trägt jeder Teilnehmer selbst.

Ein Auftakttreffen hat im Februar 2017 stattgefunden. Weitere Veranstaltungen folgen. Bitte lassen Sie uns mit Ihrer vollständigen Adresse – einschließlich E-Mail – wissen, wenn wir Sie dazu einladen dürfen oder wenn Sie über die weitere Entwicklung des Vorhabens informiert werden möchten.

 

Kontakt: laendlichkeit@anstiftung-mv.de

Ein Gedanke zu „Neue Ländlichkeit: Der Blog zur Initiative

  1. Sehr interessant und inspirierend. Ich gehöre mit meiner Gemeinschaft zu der Gruppe, die vor 20 Jahren nach Carlow, NWM gezogen sind, und sich immer mehr in diesem ländlichen Raum eingelebt und entwickelt hat. Wir sind in Kulturkreis, Chor, Eschenhof( gemeinsam ökologisch gärtnern) aktiv, und Partner der Schaalseeregion. Mit unseren Projekten und Aktivitäten sind wir untereinander recht gut vernetzt. Ich denke, ein erweitertes Netzwerk bietet noch zusätzliche Anregungen und Möglichkeiten.

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